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Agano - Historisches Japan

Aktualisiert: 11. Juni 2024


Donnerstag, der 06. Juni

Ein Tag der Fahrt ins Ungewisse. Morgens haben Reisegruppe Knaack und Reisegruppe Röding sich am Bahnhof in Kobe zusammengefunden, um von dort aus nach Agano aufzubrechen. Von Kobe nach Osaka, von Osaka nach Tokyo waren wir Deutschen auf uns allein gestellt, in Tokyo wurden wir jedoch schon von einigen japanischen Lehrern, einer Dolmetscherin und einem Schüler warm empfangen. In der Metropole Tokyo angekommen besorgten wir uns Mittag, bei den meisten gab es zum ersten Mal auf dem Japantrip das typische Bento (sozusagen vorgepackte Brotboxen, aber mit Reis und Fleisch anstatt Brot).

Als wir uns also mit unserem Essen auf den Weg zum richtigen Gleis machten, blieben unsere deutschen Lehrer vorerst mit zwei Schülerinnen in Tokyo zurück, da eins der beiden Mädchen ärztliche Hilfe aufgrund von starken Kreislaufproblemen benötigte. (Schonmal vorab: Die Situation ist am Ende zum Glück für alle Beteiligten gut ausgegangen.) Marten, unser Kameramann, hat das Lehrerduo bei der weiteren Reise über den Tag zum Glück würdig mit Liebe und Humor vertreten. Für den Rest hieß es also geleitet von den japanischen Lehrkräften: Zug fahren, Umsteigen, nochmal Zug fahren, Aussteigen und dann hatten wir das ländliche Agano auch schon erreicht. Gemischte Gefühle lagen in der Luft, manche wären lieber weiter in der Großstadt verharrt, ich persönlich stand jedoch voller Freude fassungslos auf dem Bahnhof und habe die Aussicht bewundert. Grün leuchtende Bäume, das Rauschen des Flusses in der Ferne, eindrucksvolle, imposante Berge (auch mit Bäumen und Pflanzen überzogen) umgaben unser jetzt klein scheinendes Reisegrüppchen. „Hier kann man seinen Seelenfrieden finden“, dachte ich mir während der Wind durch die Blätter tanzte. Wir standen also etwas erhöht neben dem Bahnhof und warteten eine Weile auf einen Transport, liefen dann jedoch schlussendlich selbst zu einem etwas größeren, alten Haus aus Holz. Wie es sich gehört, zogen wir unsere Schuhe aus, bevor wir reingingen und fanden eine sehr große Überraschung vor: Das Haus, von dem wir dachten es sei unser Schlafplatz, bestand neben der kleinen Küche im Vorraum aus einem einzigen großen Saal! Wir konnten aus verschiedensten Gründen unseren Augen nicht trauen, da wir, wie gesagt, annahmen, dies sei unser Schlafplatz. Von „Nein, das kann nicht sein.“ über „Wo sind die versteckten Kameras?!“ bis „Nein, wie geil ist das denn bitte!“ war jede Reaktion vertreten (ich gehörte lustigerweise wahrscheinlich als Einzige der letzten Kategorie an). Marten schien auch sehr viel Spaß mit der Situation zu haben. Besonders lustig war es, als in diesem Saal die in der Ecke stehenden Autoreifen entdeckt wurden und niemand wusste, wieso diese dort stehen (Tage später im Gespräch mit meinem Gastschüler habe ich erfahren, dass solche Reifen beim Trainieren von traditionellem japanischen Trommeln verwendet werden). Für viele kam dann doch die Rettung: die Dolmetscherin hat uns erklärt, dass wir hier nur den Großteil unserer Sachen lassen sollen und demnächst zu unseren richtigen Schlafplätzen aufbrechen. Mit großer Erleichterung gingen wir ein paar Schritte durch das Dorf, während ein Einheimischer uns ein paar Dinge zur Architektur der alten japanischen Häuser erzählte. Am Ende durften wir dann in getrennten Zimmern schlafen, es war ein sehr altes Gasthaus und unsere Betten waren Futons auf dem Boden. Nachdem sich jeder kurz eingerichtet hatte, kam auch die Entwarnung, besser gesagt die Information, dass die deutschen Lehrer und Schülerinnen aus Tokyo bald wieder zu uns stoßen würden. Wir hatten nun also bis zum Abendbrot circa 2h Freizeit, haben diese je in Gruppen beispielsweise damit verbracht, durch die Gegend zu spazieren. Für mich war das sehr entspannend: fern vom Großstadtstress, umgeben von der Natur konnte ich so richtig abschalten und mal wieder tief durchatmen (und von der Ruhe abgesehen sahen die Häuser, die Wälder und das Dorf auch wirklich ästhetisch aus). Die Leute von Agano, die uns betreuten, haben sich sehr viel Mühe gegeben und liebevoll unser Abendessen angerichtet. Es gab Suppe, Salat und Reis mit Hähnchen. Bei einigen Schülern hatten sich Magen und Darm in den letzten Tagen schon hier und da geäußert, insgesamt ging das Essen aber ganz gut aus und hat zusätzlich auch noch super geschmeckt.

Später gingen wir dann zu dem Haus mit dem Saal zurück, wo eine Organisation von Agano einen Vortrag über die Geschichte der japanischen Architektur gehalten hat. Auch einen interaktiven Teil hatten sie geplant, so bauten einige Schüler in der Raummitte ein Gerüst aus Holz zusammen, welches in Theorie sowie in Praxis sehr standhaft gegenüber den in Japan vorherrschenden Erdbeben ist. Einzelne Schüler haben sich sogar auf das Gerüst gesetzt, andere haben dann daran gerüttelt und ein solches Erdbeben simuliert. Nach dieser lehrreichen Präsentation und einer Fragerunde hat der Besitzer des Gasthauses uns ein großes Geschenk gemacht: Er hat im ganzen Publikum vier alte Wandbilder verlost, alle wahrscheinlich schon über 100 Jahre alt. Diese Großzügigkeit und Freude über unser Kommen waren sehr beeindruckend. Als krönenden Abschluss für den Abend gingen wir gemeinsam raus und machten ein kleines Feuerwerk. Erschöpft vom vielen Reisen gingen wir dann alle in unsere Zimmer zurück und ließen den Abend mit ein bisschen Quatschen endgültig ausklingen.

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